Liebe Tandempaare, hallo Fahrradfetischist:innen,
verehrte Körperliche, liebe Menschen!

Aus dem Editorial von Chefredakteur H. David Koßmann: “Zackfertich – da ist es nun also, das kleine Heft, an dem wir so viel geschraubt haben. Ich wäre ja gern mal Mäuschen in Euren Köpfen gewesen, in dem Moment, in dem ihr das Heftthema gesehen habt und vielleicht dachtet: ‚Soso, und das in einem Fahrradmagazin?‘

Natürlich beschreiben wir hier nicht in zwölf Artikeln, wie Kopulation auf dem Rad gehen könnte.Vielmehr subsumieren wir bewusst unter °sex Geschlechtliches und Dinge, die mit biologischem, gesellschaftlichem oder sprachlichem Geschlecht zu tun haben. Transmensch zu sein, hat z. B. ja erst mal nichts mit sexueller Orientierung zu tun, wirkt sich aber auch aufs Radfahren aus. Und es gibt eine Menge weitere Parallelen zwischen zwei so schönen Sachen. Darum lest Ihr hier über Rollenbilder, Genitalien auf Sätteln, Selbstbefriedigung, gleichberechtigten Wettkampf, Liebe zu und unter Fahrrädern
– und mehr.

Am Thema °sex interessiert uns, wie es zugleich omnipräsent ist und trotzdem tabuisiert. (Irrerweise „denken“ das übrigens auch die Mailserver, die diverse Mails in den Spam verschoben, obwohl wir einfach nur Artikel besprachen!) Sex wird ins Private verbannt – was im Einzelfall ja schön und legitim ist, gesellschaftlich aber gefährlich werden kann, weil es mitunter um Machtstrukturen geht. Doch glücklicherweise ändert sich da was. Neben „Schundheftchen“ und platten Verkaufsträgern gibt es in allen Medienformen und Kunstarten Menschen, die auf Augenhöhe miteinander sprechen und Sexuelles aus der Schmuddelecke holen. Wissen ist eben auch Macht. Es lässt sich ein großes Interesse daran erkennen, herauszufinden, was über die strikt binäre Rollenstruktur hinaus noch alles so möglich ist. Dazu wollen wir hier unser Scherflein beitragen. Wahrscheinlich könnte das Heft darum auch °diversität oder °geschlecht heißen. Aber hättet Ihr dann zugegriffen?

Als Redaktion wollen wir hier auch Haltung zeigen. Die verschiedenen Stimmen unserer Autor:innen ergeben ein Spannungsfeld, das wir auch aushalten wollen! Da bin ich auch mal hin- und hergerissen zwischen Respekt und dem Bedürfnis, einzugreifen. Am Ende bleibt der Kompromiss, zu kommentieren und gegebenenfalls Kontraste auch für sich sprechen zu lassen. Persönlich empfinde ich das Mosaik dieses Hefts als gelungen; doch mir ist auch klar, dass es auf verschiedene Weisen anecken wird. Im Extremfall lässt die einen völlig kalt, was für die anderen ein harter Trigger ist.

fahrstil ist eben auch eine Einladung: Uns gibt es nur auf Papier, weil uns wichtig ist, ganz gezielt Zeit nicht am Bildschirm zu verbringen. Wir versuchen, ein denkbar breites Spektrum der Radkultur abzubilden, weil wir finden, dass uns als Homo Velo Sapiens mehr eint als trennt. Trotzdem verstehen wir, dass Abos gekündigt werden, weil Leser:innen heute Papier als anachronistischen Ballast empfinden, weil wir – je nach Standpunkt – zu viel oder zu wenig Radsport, Verkehrswende, Reise, Trendthemen bringen, weil uns Vergleichstests anöden oder weil wir Freude dran haben, zu erkunden, wie sich einem
Stichwort mit einem Dutzend Beiträgen Leben einhauchen lässt. Menschen haben ihr fahrstil-Abo gekündigt, weil wir gendern. Andere bitten uns, diverser und inklusiver zu sein, als die Fahrradwelt hierzulande vielleicht ist. Wieder andere entscheiden sich gegen eine Mitarbeit, weil sie unsere Stellung zu Fragen dieser Zeit als weichgespült empfinden.

Ich hoffe, es ist uns gelungen, das Thema abseits von Klischee und Tabu zu erzählen und allen Stimmen Rechnung zu tragen.”